Das Marktportal

Das Marktportal ist der wichtigste Zugang zum Dom und liegt an der Nordseite des Langhauses. Es handelt sich dabei um ein romanisches Gewände-Säulenportal aus Sandstein, das beim Neubau der Seitenschiffe zum Markt hin um 1200/1210 errichtet wurde. Die Bronzetür ist allerdings wesentlich älter, denn Erzbischof Willigis (975-1011) hatte sie bereits um 1000 gießen lassen. Das Gewände des Portals ist treppenartig profiliert und beinhaltet rechts und links neben der Bronzetür zwei Halbsäulen mit korinthischen Kapitellen, welche allerdings einmal erneuert worden sind. Die eine Säule ist schwarz bemalt, die andere rot – ursprünglich waren beide Säulen aus schwarzem Schiefer. Die Kehlen des Gewändes schließen oben und unten mit figuralen und ornamentalen Plastiken ab.

Der Rundbogen wird durch einen Schlussstein mit figürlicher Plastik geziert und ist nach innen hin stufig untergliedert. Das Tympanon (Rundbogenfeld über dem Türsturz) wird durch eine rundwulstige Archivolte (Bogenlauf) umgeben, an deren Scheitel eine Taube als Symbol für den Heiligen Geist angebracht wurde. An den beiden Enden der Archivolte sitzen zwei brüllende Löwen auf den Kämpfern der Säulen.

Bildprogramm und Stil

Das von feinem, diamantiertem Laubwerk gerahmte Tympanon zeigt eine Maiestas Domini-Darstellung: Christus sitzt als Weltenrichter auf einem Thron, umgeben von einer Mandorla (einer in Mandelform bildlich dargestellten spirituellen Sphäre), welche von zwei Engeln gehalten wird. Jesus wird mit einem Kreuznimbus (Heiligenschein) gezeigt. In seiner linken Hand hält er ein geöffnetes Buch. Mit seiner rechten Hand führt er den Segensgestus aus. Die Maiestas Domini ist eines der zentralen Bildtypen des Mittelalters.

Die Figuren können stilistisch der deutschen Spätromanik (1140-1250) zugeordnet werden. Die ornamental wirkenden Säume und Faltenläufe sind stark bewegt. Ein Verständnis für Körperlichkeit ist zwar durchaus zu spüren, aber im Gegensatz zum Leichhofportal, ist hier noch keine Beeinflussung durch die frühgotische französische Skulptur erkennbar.

Die bronzenen Türflügel

Die beiden bronzenen Türflügel stammen, wie schon angesprochen, noch aus der Zeit Erzbischofs Willigis. Sie befanden sich wohl ursprünglich an der Liebfrauenkirche (östlich des heutigen Domes). Nachdem die Liebfrauenkirche 1793 zerstört worden war, wurden die Türflügel 1804 an die heutige Stelle transferiert. Die Türflügel sind 3,70 Meter hoch und wiegen 1500 und 1850 Kilo.

Willigis hatte ein großes Ziel

Von besonderer historischer Bedeutung ist die dreizeilige Inschrift am oberen Rand, in der Mitte und am unterer Rand der Türe.

Inschrift

Postquam magnus imperator Karolus suum esse iuri dedit naturae, Willigisus archiepiscopus ex metalli specie Valvas effecerat primus. Berengerus huius operis artifex, lector, Ut pro eo Deum roges postulat supplex.

Nachdem der große Kaiser Karl gestorben war (wörtlich: seine Existenz dem Rechtsanspruch der Natur hingegeben hatte), hat Erzbischof Willigis zuerst aus Metall Türflügel machen lassen. Berenger, der Meister dieses Werkes, bittet inständig, o Leser, dass du für ihn zu Gott betest.

Die Inschrift legt durch die Erwähnung Karls des Großen den Bezug auf Aachen, dem traditionellen Krönungsort der deutschen Könige, nahe. Der Erzbischof wollte durch die Inschrift also die Legitimation erlangen, in Mainz Königskrönungen durchführen zu können.

Steuer- und Gereichtsprivileg

Bei dem in kleineren Buchstaben gehaltenen Text in den oberen beiden Türfeldern handelt es sich um ein über 100 Jahre später eingraviertes Steuer- und Gerichts-Privileg.

 

 

 

 

Inschrift

Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit, Adelbert, der Mainzer Kirche Erzbischof und des apostolischen Stuhles Legat. Dass der Lauf und die Herrlichkeit dieser Welt immerwährendem Wandel unterliegen, haben wir durch das Beispiel vieler erfahren; allein, dass uns weder das Glück überheblich mache, noch das Mißgeschick niederschlage, mahnt uns die Tröstung eines Weisen, der da sagt, es sei das Vorrecht des klugen Mannes, nichts Vergängliches groß zu achten. Die Vergangenen wie die Gegenwärtigen wissen ja, dass auch das kommende Geschlecht aus meinem Schicksal lernen möge, welch tiefer Sturz, welche Demütigung dem Glücke folgt. Denn mitten in der Bahn meines glücklichen Lebens hat dieser Kaiser Heinrich der Fünfte, wie ihr wisst, dem ich viele Dienste getan, mich gefangen genommen und mich sogar in einen finsteren, verborgenen Kerker geworfen und das allein, weil ich der römischen Kirche gehorsam war. Als ich dort wahrlich lange genug weilte, habe ich mir den Trost des höchsten aller Hirten wieder ins Gedächtnis gerufen, der da sagt: Selig seid ihr, die ihr um der Gerechtigkeit willen leidet. Und ich dachte in meinem Schmerz auch an Jesaias, der obzwar eingekerkert, doch vor den Zähnen der Säge bewahrt blieb, und an den unschuldigen Daniel, der aus der Löwengrube errettet ward. Endlich, nach vielen Drangsalen, hat er, der aus der Höhe zu den im Herzen Zerknirschten kommt, die getreuen Gemüter der erzbischöflichen Stadt Mainz dazu gebracht, dass sie es unternahmen, die Befreiung ihres Gefangenen zu erwirken. Daher haben sie, die Geistlichen, die Grafen und die Freien, zusammen mit den Bürgern und den Hörigen, dem genannten Kaiser solange und so beharrlich zugesetzt, bis sie mich endlich, wie treue Söhne ihren Vater wieder zu sich nahmen. Am ganzen Körper war ich abgezehrt und kaum noch halb am Leben. Geliebte Söhne und Anverwandte hatten sich als Geiseln gestellt; aber wie schonend, wie ehrenhaft und wie gerecht diese Geiseln behandelt wurden, davon wird niemand ohne Schmerz berichten können, denn etliche kehrten mit verstümmelten Gliedern zurück, andere gingen zugrunde durch Hunger, andere durch das Elend der Verbannung, andere erschöpft durch Blöße und Krankheit des Leibes. Das und ähnliches haben die getreuen Bürger der Stadt Mainz um der Gerechtigkeit willen gelitten; was sie vollends bei der Verteidigung der Stadt und ihrer Ehre ertrugen, dass ist dem ganzen Reiche wohl bekannt. Als ich nun erwog, auf welche Weise ich diese trefflichen und so großen Verdienste belohnen könne, da kam mir der Gedanke, etwas zu ihrer aller Ehre und Nutzen darzubringen, gleich wie sie an meinem Leiden ihr Teil getragen. Und nachdem ich also mit den Vornehmsten Rat gepflogen, nämlich mit den Geistlichen, den Grafen, den Freien, mit den Hausgenossen und den Bürgern, hab ich allen, die innerhalb der Mauern der gedachten Stadt wohnen, und dort bleiben wollen, dieses Recht verliehen:

Dass sie außerhalb der Mauern den Geboten und der Besteuerung keines Vogtes ausgesetzt, sondern innerhalb (derselben) ihres angeborenen Rechtes sein sollen, denn sie sollen Steuern bezahlen, wem Steuern gebühren, freiwillig und ohne dass sie jemand einfordert. Und damit diese Vergabung rechtskräftig und unangetastet auf die Nachfahren komme, haben wir sie mit unserem Siegel bekräftigt und von den unterschriebenen Zeugen unterzeichnen lassen.

Bei der ersten Ausfertigung waren zugegen: Bruno, der Bischof von Speyer (1107-23). Bocco, der Bischof von Worms (1120?- 1149). Embricho, der Bischof von Würzburg (1127-46). Anselm der (Mainzer) Dompropst (1112-1122). Dekan Zeizolf. Kantor Richard. Stadtpräfekt Arnold. Friedrich Graf von Arnsberg. Herrmann von Winzenburg. Siegbrecht und Friedrich, Grafen von Saarbrücken. Graf Goswin von Stahleck. Graf Berthold von Nürings. Graf Gyso von Gudensberg. Ulrich von Idstein. Reimhold und Gerlach von Isenburg. Folkhold von Nidda. Wicher von Haselstein.Walter von Hausen. Als Ministerialen: Embricho und sein Sohn Embricho, der Vicedominus, Ruthard von Waldafo. Lutfried. Orto. Reihard. Dudo. Hertwich. Ernst, der Schultheiß. Ruthard, der Gewaltsbote. Bei der zweiten Bestätigung waren anwesend: Heinrich, Probst am Dom und St Viktor. Propst Adalbert. Kustos Heinrich. Dekan Hartmann. Propst Gozert. Wilhelm, Graf von Luxenburg. Herzog Friedrich (von Schwaben). Ebenso der Stadtpräfekt Arnold. Graf Arnold und sein Bruder Rupert von Laurenburg. Graf Hermann von Salm und sein Bruder Otto von Rieneck. Graf Emicho und sein Bruder Gerlach (Wildgrafen). Graf Gerhard und sein Bruder Heinrich von Berebach. Heinrich von Geistenheim. Meingoz, Stadtkämmerer und sein Bruder Dudo, Kämmerer. Schultheiß Dudo. Obret. Richelm. Arnold. Nochmals Arnold. Helferich. Hermann. Als Offizialen: Folbrecht. Ebo und sein Bruder Ruthard. Werner. Egilwart. Dudo. So geschehen im Jahre der Fleischwerdung des Herren 1135 in der 12. Indiktion und bestätigt unter der Herrschaft des Herrn Lothar, dritten Kaisers dieses Namens, im neunten Jahre seines Königtums und im zweiten seines Kaisertums Amen.


Nachweise

Verfasser: Elmar Rettinger und Rebecca Mellone

Bearbeiter: Rebecca Mellone

Geändert am: 10.03.2010

Literatur:

  • Arens, Fritz: Der Dom zu Mainz. Darmstadt 32007, S. 52-55.
  • List, Claudia/Blum, Wilhelm: Sachwörterbuch zur Kunst des Mittelalters. Stuttgart/Zürich 1996.
  • Schnell, Hugo/Mai, Paul (Hrsg.): Der Dom zu Mainz. München/Zürich 161980. (Kleine Kunstführer 608), S. 24-25.
  • Schuchert, August: Der Dom zu Mainz. Mainz 41963, S. 38.
  • 2000 Jahre Mainz. Geschichte der Stadt - digital
 
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